Der Wolfsnachwuchs schärft Krallen und Zähne in der NBA-Wildnis | . |
Der Juli ist für amerikanische NBA-Schreiber einer der
schönsten Monate des Jahres. Nach der stressigen Zeit kurz vor Ablauf des
Moratoriums, in der man zugeknöpften Agenten und Teamverantwortlichen
hinterherjagt, sind die Kader im Juli weitesgehend gesetzt und man kann in
Kolumnen wieder kreativ tätig sein. Verpflichtungen kommentieren, Prognosen
anstellen udn all das. Als Leckerbissen darf man Mitte des Monats ins
schillernde Las Vegas, das in den Sommermonaten von Attraktionen, Shows und
Sonderbarkeiten nur so aus den Nähten zu Platzen scheint. Alles wunderbar.
Tja, wenn nur nicht die Summer League wäre. Anstatt in
Casinos herumzuschwirren oder Magier zu bestaunen, die weiße Tiger zersägen und
wieder zusammensetzen, müssen die armen Reporter von Morgens bis Abends zuweilen
erschreckend schlechten Basketball von einigen Hundert Spielern betrachten. Nicht
mal die Hälfte dieser Spieler wird sich jemals in dem Spielberichtsbogen der
NBA wiederfinden. Minimales Coaching. Guards, die Bigs verteidigen. Turnover.
Verpatzte Layups. Fouls. Jede menge Fouls. Habe ich Fouls erwähnt? Das ist die
Summer League.
Um den Schein einer professionell geführten Sportmannschaft
zu wahren, schickten auch die Timberwolves eine Truppe mutiger Ballkünstler
nach Las Vegas, die von den kürzlichen Draftpicks Shabazz Muhammad (der in LV
aufwuchs), Gorgui Dieng und Lorenzo Brown geheadlined wurde. Ebenfalls von
Interesse war das Auftreten von D-League All Star Chris Johnson, der sich dank
akzeptabler Leistungen während des Twolves-Exodues einen garantierten Vetrag
erkämpfen konnte. Der späte Zweitrundenpick des letzten Jahres, Robbie Hummel
ließ sich nach einer sehr passablen Saison in Spanien ebenfalls nicht die
Chance entgehen, sich dem Trainerstab der Timberwolves zu präsentieren.
Hier ein Rückblick auf die individuellen Leistungen:
Shabazz Muhammad
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Muhammad war nicht in der Lage, die einschlägigen
Kritikpunkte an seinem Spiel zu zersträuen. Es war ermutigend zu sehen, dass
der als eigensinnig geltende Muhammad gewillt war, den Ball laufen zu lassen. In
den ersten drei Partieren schien es gar so, als würde er ein Statement setzen
wollen, da er oft unnötiger Weise den Extrapas suchte, anstatt selber
abzuschließen. Aufgrund der fehlenden Fingerfertigkeit endeten diese Pässe oft
beim Gegner oder im Aus.
Shabazz hatte die gesamte Serie über Probleme mit dem
Abschluß, was sich in der miesen TS%, eFG% und niedrigen 2P-FG% von 35%
äußerte. Seine Schwäche im Dribbling und die Unfähigkeit, von alleine in
Korbnähe zu kommen war öfters zu sehen. Dies zwangihn in vielen Situationen in
einiger Distanz zum Korb zu seinem inzwischen typischen Spin-Pushhook. Die sehr
gute 3PFG% bei vielen Versuchen macht Mut, dass in Shabazz doch ein Spot-Up
Shooter lauert, wobei er nur im Spiel gegen das katastrophale Sactown Team dem
Ruf als Scorer gerecht werden konnte. Die extremst schelchte Freiwurfquote bei
16 Versuchen ist ebenfalls besorgniserregend, wobei dies evtl. auf die Ermüdung
nach all den Workouts und Spielen in den letzten zwei Wochen zurückzuführen
ist.
Traurig: Shabazz wurde in seiner Heimatstadt während einem Spiel von einigen Zuschauern angeifendet. |
David Adelman setzte Muhammad fast ausschließlich off-the-ball ein,
wo Shabazz in Bewegung blieb um als Anspielstation Gefahr auszustrahlen. Auch
hier ist jedoch noch viel Feinschlief nötig, da er meistens einige Meter von
der Dreierlinie entfernt um den Perimeter streift – gerne von weakside zu
strongside - was seinem Verteidiger oft die Gelgenheit gab, gegebenfalls den
ballführenden Spieler zu stören oder andersweitig auszuhelfen. Gute Cuts zum
Korb hin gab es selten. Diese initiierte er meist in ungünstigem Timing und
ohne Geschwindigkeit, was seinem Gegenspieler ermöglichte, ihn eng zu decken
und ein Anspiel zu verhindern. Stand ein Minnesota-Ballhandler innerhalb des
Perimeters, zeigte Shabazz Anfangs noch einige Male die Angewohnheit, direkt
zum Ballhandler zu trotten, als würde er ein Post-Up Anspiel fordern. Auch hier
führte es dazu, dass der Ballhandler gedoppelt werden konnte. Mit etwas
besserem Timing, Anleitung durch den Trainerstab und besserem Spacing könnte
diese Makel jedoch zügig ausgebügelt werden.
Was weiterhin Sorge macht ist Muhammads geringer allgemeiner Impact
bei großer offensiver Rolle. Obwohl er eben hauptsächlich Off-The-Ball agierte,
brachte er es auf eine sehr hohe Usage, ohne sonst etwas beizutragen. Schon in
der Summer League zeigte sich, dass er es schwer haben wird, seine hohen
Offensivrebound-Raten zu halten. Shabazz brachte es in 125 Minuten auf 13
Rebounds, damit auf eine TRB% von 6,8% - knapp über der des deutlich kleineren
Demetri McCamey. Assist- und Stealraten sind für einen Spieler seiner
Combinezahlen, seines Hypes und der Drafthöhe weiterhin unfassbar gering.
Note: 3,5
Gorgiu Dieng
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Diengs Zahlen, vor allem die defensiven Werte, lesen sich
schon wie am College ordentlich. Jedoch muss man ihn spielen sehen, um zu
verstehen, wie roh er noch ist. In der Read-Offense Rick Adelmans, in der
Shooter und Cutter aus allen Richtungen gedankenschnelle und präzise Screens
benötigen, sollte es ihm schwer fallen, die Orientierung zu behalten. Dieng und
Muhmamad arbeiten nun seit einigen Wochen mit Adelman, der Ihnen geduldig,
jedoch umfangreich ihre offensiven Aufgaben nahe brachte. Dennoch wirkte Dieng
offensiv völlig verloren und verpatzte hier und da einige Aufgaben, zerstörte
immer wieder durch planloses Herumtrotten Spacing und Laufwege für schnellere
Spieler.
Anhand dessen ist zu erkennen, dass er erst einige Jahre ernsthaft gefördert
und ausgebildet wird. In Shabazz bestem Kreiieren der gesamten SL, einem Zug
zum Korb, in dem er in der Luft stehend zwei Gegenspieler ins Leere täuschte,
um Dieng in einem Missmatch unterm Korb anzuspielen, war Dieng zu überrascht um
richtig zu reagieren: Anstatt kurz aufzuposten und hochzusteigen, dribbelte der
Riese zur Seitenauslinie hin, was natürlich in einem gegnerischen Steal endete.
In einer anderen Szene bekam Dieng den Ball einige Meter vor der Dreierlinie an
der Baseline, einem Big gegenüberstehend. Dieng täuschte einen Wurf an, auf den
der Big reinfiel und hochsprang. Dieng jedoch versuchte sich als „Seven-Footer“
tatsächlich im Dribbling durch den winzigen Spalt zwischen gegnerischem Big und
der Baseline zu quetschen, wobei er mit beiden Füßen aus dem Spielfeld
trampelte.
Aber auch defensiv war Dieng meistens einige Schritte zu
spät, verpasste Rotationen und war an beiden Brettern überfordert. Dieng
spielte in der Summer League überraschend wenig, da das Team mit ihm anstelle
von Johnson als Big auf beiden Seiten deutilch schlechter war. In einer
Mannschaft, die in einer gnadenlosen Conference um die Playoffs spielen will,
sollte Dieng noch viel Mentoring brauchen, bis er ein durchschnittlicher
Contributer werden kann.
Note: 4,0
Lorenzo Brown
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Bis auf die starke Arbeit am eigenen Brett und der
Ballsicherheit (wobei er auch sehr wenig Risiko einging und eher shoot-first
agierte) konnte sich Brown nicht wirklich als Spieler mit NBA-Zukunft präsentieren.
Auch wenn seine Größe von 6‘5“ für einen Point Guard immer interessant ist,
wurde er die gesamte Serie über von dem viel agileren Demetri McCamey intern
dominiert.
Note: 3,0
Chris Johnson
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Auch wenn Johnson bislang nie richtig Fuß in der NBA fassen konnte,
merkte man an dem 27-Jährigen, dass sichst selbst geringe Pro-Erfahrung in
einer Umgebung wie der SL bemerkbar macht.
Dass Johnson sich letztes Jahr als Tagelöhner nach etlichen
Ausfällen im Frontcourt einen vollen Vertrag bei den Wolves erspielen konnte,
ist aufgrund seiner offensiven Stärke keine Überraschung. Die ständig
einbrechende Offensive der Timberwolves manifestierte sich besonders in Greg
Stiemsma. Johnsons offensive Qualitäten stachen aufgrund des krassen Kontrasts
zum unathletischen und mit klobrigen Händen ausgestatten Stiemsma hervor. Es
ging sogar soweit, dass Johnson in seinem ersten Spiel für Minnesota, keine 24
Stunden vor Ankunft in Minneapolis spät an der Freiwurflinie MVP-Rufe einheimste.
Tja, Wolvesfans verlieren selbst in solch einer Saison ihren Humor nicht.
Johnsons Blocks sind spektakulär, jedoch waren aufgrund
seines spindeldürren Körpers defensive Defizite ersichtlich, weswegen er in der
Rotation nicht an Greg Stiemsma vorbei kam. Mit 15 Pfund mehr auf den Rippen
verkaufte sich Johnson gegen zumeist unerfahrene und weniger athletische Spieler
defensiv passabel und brachte in gerade mal 18 Minuten pro Spiel 1,5 Blocks zu
Stande.
Chris Johnson + 15 Pfund. |
Den eigenen Abschluß suchte Johnson selten und mit wenig
Erfolg. Dafür servierte er in bester Manier eines Adelman-Bigs seinen Kollegen
zuweilen großartige Anspiele. Letztendlich kam Johnson auf 2,2 Assists pro Spiel, ähnlich viel wie die nominellen
Ballhandler Brown und McCamey. Im Abschluß strauchelte Johnson sicher auch, da
er dank der No-Foulout-Regel rigoros zerhackt wurde, nicht in Rhytmus kam und
nicht die Chance bekam, abzuschließen. Johnsons Summe an Freiwurfversuche
deckte sich in etwa mit den Feldwurfversuchen. Dazu versuchte er, ähnlich wie
Dieng, zu zeigen, dass er auch aus der Mitteldistanz gefährlich ist, was Dieng
deutlich besser gelang.
Johnson war neben dem hoffnungslos kleinen Othyus Jeffers der
konstanteste Spieler im Team und sollte sich nächstes Jahr mit Gorgui Dieng
einen interessanten Kampf um die Rolle als Aushilfsbig liefern. Sollte er seine
(neue?) Passstärke in die nächste Saison übertragen können, winken ihm womöglich
weitere Extraminuten.
Note: 2,0
Robbie Hummel
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Der 58. Pick der Draft 2012 präsentierte sich in den ersten
beiden Spielen hervorargend. Starkes Scoring kombinierte er mit kluger
Wurfauswahl und offensiver Produktivität off-the-ball. Hummel fehlt es
offensichtlich an Agilität und Athletik (wozu zwei ACL-Verletzungen in jungen
Jahren beitrugen), wodurch er hauptsächlich ein Perimeterspieler ist, der ein
bisschen zu gerne aus der Mitteldistanz abdrückt. Dennoch ist er kein reines
Assistfutter und findet dank seines Ballhandlings und Basketball-IQs Wege,
Verteidiger abzuschütteln um Raum für Jumpshots aus der 2. Reihe zu kreiieren. Nach
den ersten beiden Spielen fiel Robbie kaum noch auf, was evtl. auch auf eine
leichte Knöchelverletzung im Spiel gegen Sacramento zurückzuführen ist.
Hummels Körperbau und Skillset ist nicht gerade ideal. Als
klassischer Tweener wird er defensiv aufgrund der unglücklichen Kombination
fehlender Schnelligkeit und Körpergröße, weder auf dem Flügel, nochh als
Verteidiger innen spielender, masiver Forwards eine gute Figur machen. Hummel
wäre jedoch ein interessanter 15. Mann und sollte so oder so über kurz oder
lang aufgrund seines Wurfes und des generell hohen Basketball-IQs eine Chance in
der NBA bekommen. Jedoch ist der derzeitige Timberwolves-Roster trotz der (meiner
Meinung nach) wackeligen Flügelsituation kein perfektes Gerüst, um solch einen
Spieler zu tragen.
Note: 2,3
Demetri McCamey
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McCamey war die größte Überraschung des Timberwolves
SL-Teams. In Las Vegas als Ballhandler eingesetzt, ist McCamey eher ein kleiner
Shooting Guard (6‘3“) mit Ballhandlingskills, die gut genug sind, um in dieser
Rolle auszuhelfen.
Im eigenen Abschluß agierte er zumeist in Spot-Ups von Außen,
wo er, wie schon am College, mit sehr guten Quoten abschloß. Seine Wurfauswahl
war im Gegensatz zu Brown und Muhammad generell sehr gut und unforciert – die
Mitteldistanz ignorierte er völlig und ging zum Korb, wenn der Weg frei war. Die
fehlende Athletik und Explosivität, die sich auch in der winzigen Rate an
Freiwürfen wiederspiegelte, sowie die limitierte Court Vision werden ihn wohl
nur als Energiebündel und Spot-Up Shooter brauchbar machen. Der noch junge
D-League- und Europa-Vet wäre ebenfalls ein interessanter 15. Mann.
Note: 2,3
Zum Schluß eine Übersicht der Statistiken all dieser Spieler. Stark rot/grün bedeutet jeweils außerordentlich schlechter/guter Wert im Vergleich:
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